T.C. Boyle ist längst kein Geheimrezept
mehr. Weshalb also Worte verlieren über einen Schriftsteller, dessen
Bücher man so oder so zur Hand nimmt oder gar kauft, wenn man ihnen
begegnet? Der Name bürgt schließlich für Qualität ...
Nein, das tut er leider nicht. Der Name hat mich durchaus einige Male enttäuscht
- nämlich wenn ich nach beendeter Lektüre feststellen musste,
dass, was hier mit Präzision abgewogen, lecker verpackt und meisterlich
zubereitet war, trotz bester Gewürze und eines gesunden Appetits fad
und trocken blieb. Zu oft der Gedanke, dass es mich eigentlich kaltließe,
wenn der Held des entsprechenden Romans plötzlich von einem herabfallenden
Backstein erschlagen würde ... Klappe zu, Zeit gespart.
Und deshalb will ich ein paar Worte verlieren, über die "Wassermusik",
die anders ist und zu meinen persönlichen Top 10 gehört.
Auf der Zeitlinie zweier tatsächlich stattgefundener Entdeckungsreisen
des jungen Schotten Mungo Park, der sich um 1800 aufmachte, für Königreich,
Wissenschaft und nicht zuletzt den eigenen Ruhm, Verlauf und Mündung
des Niger zu finden, errichtet Boyle als Szenerie ein England und ein Afrika,
wie sie authentischer in jenen Dekaden kaum gewesen sein konnten. Abergläubisch,
ungesund und stinkend das eine wie das andere. Hier wie dort das Recht des
Stärkeren als oberstes Prinzip. Bevölkert von Schuften, Halsabschneidern,
armen Trotteln; aber auch von Suchenden, Weisen, Liebenden. Als Haupthelden
Mungo Park und Ned Rise, ein ewig vom Pech verfolgter Halunke, der von Geburt
an alle Chancen die er bekommt, schlicht und einfach zum Am-Leben-Bleiben
benötigt.
Diesen Überlebenskampf zur Darstellung und Entwicklung innerer Größe,
ja, Erhabenheit herzunehmen, ist ebenso genial verfertigt wie die Entlarvung
des gefeierten Entdeckungsreisenden als das naive Hänschenklein, das
er nun einmal ist, ohne die Figur dabei lächerlicher zu machen als
sie selbst sich macht. Die Fäden beider Schicksale zu solch einem stimmungs-,
gefühls- und aktionsgeladenen Gobelin verquickt zu haben ist ein Werk,
auf das auch Clotho und ihre Schwestern stolz gewesen wären. Für
den Leser ein Abschnitt Historie zum Miterleben, umgeben von Menschen, deren
Schicksal nicht gleichgültig lässt. Bis zum bitteren Ende.
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